2017 wird es für den Sport weniger Geld geben, nämlich mit 167,1 Millionen Euro ca. 11 Millionen weniger als im Olympiajahr 2016. Allerdings greift das neue Konzept zur Reformierung des Leistungssports nach dem Übergangsjahr 2017 erst frühestens ab 2018:
“Die höchsten Zuwendungen werden die zuletzt erfolgreichen Sportarten erhalten. ( … ) Aktuell werden wir nicht sehr sparen müssen. Wir erhalten 93 Prozent der bisherigen Gelder, die durch Projekte auf fast 100 Prozent aufgestockt werden können. In zwei Jahren gibt es jedoch nur noch 75 Prozent!” sagte DSV Cheftrainer Henning Lambertz im Interview mit der WAZ.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagt: „Wir haben immer gesagt: Wir reden erst über Konzepte und dann über Geld, wir sind gut damit gefahren, Ergebnisse zu formulieren statt Erwartungen.” Künftig soll die Förderung auf der Basis einer Potenzialanalyse erfolgen statt wie bisher als Belohnung erzielter Medaillen – dieses System hatte sich für die Verantwortlichen weder in London noch in Rio ausgezahlt: Von noch 82 Medaillen 1992 (die 1. Spiele nach der Wiedervereinigung – da wurde noch vom DDR Sportsystem profitiert) bis hin zu nur noch 42 Medaillen in Rio im letzten Sommer.
In dem Eckpunktepapier, das nach knapp zweijähriger Beratung vorliegt, werden von dem für die Spitzensportförderung zuständigen Bundesinnenministerium (BMI) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als Kernpunkte des neuen Fördersystems eine Aufwertung der Rolle des DOSB gegenüber den Fachverbänden, die Reduzierung der Olympiastützpunkte (von 19 auf 13) und der Bundesstützpunkte (von 204 auf etwa 160) genannt.
Henning Lambertz sagt zur Neuausrichtung der Bundesstützpunkte im Schwimmsport: “Die Olympiastützpunkte werden von neun auf fünf im Beckenbereich und einen im Freiwasserbereich in Würzburg reduziert, Essen, Berlin, Hamburg und Heidelberg bleiben bestehen. Der fünfte wird Magdeburg/Halle oder Potsdam sein. Wegfallen werden Dortmund/Wuppertal und Leipzig.”
BMI und DOSB planen die Einrichtung einer PotAS Kommission, diese soll die Potenzialanalyse entwickeln und evaluieren. Das PotAS ist ein perspektivisches Berechnungsmodell, das mit 20 Attributen (Erfolge, Perspektive und Strukturen) als Grundlage für eine Leistungsklassifizierung (Clusterung) arbeiten soll. Das PotAS ist ein computerbasiertes Berechnungsmodell, das derzeit Daten aus 20 Bereichen verarbeitet – künftig soll sich vor allem auf “auf die perspektivreichsten Athleten und Disziplinen mit einem Erfolgspotenzial vier bis acht Jahre zum Podium konzentriert werden”.
In dem Konzeptentwurf steht der Sportler im Mittelpunkt, als wichtige Punkte werden verbesserte Duale Karrieren, die Athletenförderung und -Absicherung mit dem Ziel der Optimierung der Vereinbarkeit von sportlicher Karriere und schulischer/beruflicher (Aus-)Bildung genannt. Dazu soll es zukünftig in Hinblick auf die “Duale Karriere” die verbindliche Einführung einer langfristigen, individuellen Planung (verantwortlich: Laufbahnberater) geben, verbindliche und hinreichend flexible Bildungsangebote, die an Schulen, Hochschulen und in Unternehmen ausgebaut werden sollen. Die Sportförderstellen sollen den perspektivreichsten Sportlern vorbehalten sein – auch hier gilt die Konzentration auf die Zukunftspotenziale.
Statt A bis D Kader soll sich auch diese Struktur ändern: Vom Nachwuchs über Perspektiv- zum Olympiakader mit einer Konzentration primär auf Olympia-, Perspektiv- und Nachwuchskader, die aktuellen B-Kaderzahlen sollen reduziert werden. In den Olympiakadern werden die Mitglieder gezielt auf die nächsten Olympischen / Paralympischen Spiele vorbereitet (4 Jahre), die Mitglieder des • Perspektivkaders werden gezielt für die übernächsten Olympischen / Paralympischen Spiele aufgebaut (8 Jahre) und die Athleten im Nachwuchskader erfahren einen langfristigen Leistungsaufbau .
Für das Übergangsjahr 2017 steht für Henning Lambertz erst einmal ein gelungener Auftritt der Mannschaft bei der WM in Budapest. Im WAZ Interview spricht er aber auch von härteren Normen und der Umsetzung des neuen Kraftkonzeptes.
Er meint, in 2016 einige Fehler gemacht zu haben: “Im Nachhinein muss ich zugeben, dass ich das Eliteteam hätte enger begleiten müssen. An einigen Stellen hätten unsere Topschwimmer in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Rio eine helfende Hand mehr benötigt. Nicht unbedingt nur meine. Marco Koch hätte besser mit den Medien und mit dem psychischen Druck umgehen können. Vielleicht hätten wir einen Medienexperten und einen Psychologen einschalten sollen. Paul Biedermann hätte vielleicht noch den Rat eines Krafttrainingsexperten im Schnelligkeitstraining gebrauchen können. Wir waren uns zu früh zu sicher, nachdem unsere Stellschrauben gut gegriffen und wir 2014 und 2015 gute Ergebnisse erzielt hatten. Aber bei Olympischen Spielen ist das Niveau noch einmal erheblich höher.”
Sehr kritisch sieht er natürlich, dass der Schwimmsport in dem neuen “PotAS” Modell mit finanziellen Einbußen von bis zu 25 Prozent rechnen muss – wie mit weniger Geld in 4 Jahren in Tokio Medaillen gewonnen werden sollen, das weiß er nicht und leider sieht er somit auch für 2020 wieder die Möglichkeit, dass die deutschen Schwimmer ohne Medaillen nach Hause kommen.
Lambertz: “Zwei Klimmzüge sind nicht genug”. Neues DSV Kraftkonzept.
http://www.spiegel.de/sport/sonst/dosb-reform-so-aendert-sich-die-sportfoerderung-in-deutschland-a-1114227.html
http://www.fr-online.de/sport/sportfoerderung-reform-gegen-rueckschritt,1472784,34965290.html
https://www.bundestag.de/blob/474556/a4c4fdefd6f1706e42fc94acb298bb21/entwurf-neustrukturierung-data.pdf