Im Verbandsmagazin “Swim&More” hat sich der Präsident des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV), Marco Troll, an die über 580.000 Mitglieder gewandt und eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe sexualisierter Gewalt angekündigt. Er berichtet über die angelaufenen internen Untersuchungen: „Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand sind in der Vergangenheit offenbar nicht immer alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden, um potenzielle Opfer und damit auch alle anderen Aktiven, darunter viele Schutzbefohlene, zu schützen. Wir möchten uns an dieser Stelle deshalb aufrichtig bei all diesen Personen im Namen des gesamten Verbandes entschuldigen. Es gilt jetzt, dieses Versäumnis im Sinne der potenziellen Opfer zu korrigieren, uns im Verband gemeinsam noch stärker zu sensibilisieren und dafür entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.”
Troll bezieht sich nicht explizit auf die Vorwürfe, die gegen Ex-Freiwasserbundestrainer Stefan Lurz erhoben wurden, noch nimmt er Bezug auf die, vom DSV immer noch nicht bestätigte Freistellung oder Kündigung von Sportdirektor Thomas Kurschilgen. Der DSV hat Presseanfragen bisher nur mit dem Hinweis auf die laufenden Ermittlungen beantwortet. Gegen Lurz wurden von einer Schwimmerin Vorwürfe der sexuellen Belästigung erhoben, die Staatswanwaltschaft ermittelt, Lurz bestreitet die Vorwüfe. Laut eines Spiegel Berichts , hatte eine Schwimmerin den DSV Sportdirektor Kurschilgen im März 2019 über die Vorfälle infomiert, die Schwimmerin soll auch die Namen von weiteren von Lurz bedrängten Schwimmerinnen genannt haben. Offenbar soll Kurschilgen den Hinweisen nicht entschieden genug nachgegangen sein.
In dem Editorial schreibt Marco Troll weiter: „Als Teil des organisierten Sports vertreten wir dessen Werte und setzen sehr hohe moralische Ansprüche an jede*n in unserem Verband. Wir müssen uns darauf verlassen können, dass diese Haltung von unseren Mitarbeitenden und Engagierten mit aller Konsequenz vertreten wird. Nur so können sich potenzielle Betroffene darauf verlassen, dass sie in unserem Verband Gehör finden und damit den Mut entwickeln, sich auch mit sensiblen Themen jederzeit an uns wenden zu können, um Schutz zu suchen. Ohne dieses Vertrauen kann keine Kultur des Hinsehens und Handelns entstehen. Personen, die nicht alles in ihrer Macht Stehende tun, um dieser enormen Verantwortung gerecht zu werden, sind für uns als Verband nicht tragbar.“
Im DSV ist seit 2020 Franka Weber, leitende Neuropsychologin der August-Bier-Klinik in Bad Malente (Schleswig-Holstein), ehrenamtlich als Beauftragte für die Prävention sexualisierter Gewalt tätig. Ihr zur Seite steht Michael Angele, ein selbstständiger Rechtsanwalt für Strafrecht und Sportrecht in Trier (Rheinland-Pfalz), er unterstützt den DSV ehrenamtlich als Good-Governance-Beauftragter. Beide Personen haben kein festes Anstellungsverhältnis beim DSV und agieren autark. Der DSV-Vorstand hat ihnen zugesagt, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden dürfen und sollen, um potenzielle Fälle sexualisierter Gewalt im Verband aufzuarbeiten.
Troll bekräftigt in der “Swim&More”, “dass jede*r soll sich sicher sein können, dass der DSV auch und besonders in schwierigen Situationen ein verlässlicher Partner ist. Jede*r muss darauf vertrauen können, dass er oder sie in Fällen von Missbrauch und Gewalt unmittelbare Hilfe und volle Unterstützung durch den DSV erwarten kann.” Dazu gehört auch, dass im “aktuellen Fall dem/der verdächtigen Trainer*in in dieser Woche auch die DSV-Trainerlizenz entzogen” wurde.